Weihnächtliche Chormusik mit Harfe

Gestern und am Donnerstagabend sang der Chor Xang Werke des Engländers Benjamin Britten sowie des Schweizer Komponisten Carl Rütti. Hochstehend war dabei neben dem Gesang auch dessen Begleitung.

Der Chor Xang mit Praxedis Rütti an der Harfe in der Pfarrkirche St. Matthias in Steinhausen.

Der Chor Xang brachte in zwei Aufführungen ein anspruchsvolles Programm mit Werken von Benjamin Britten und Carl Rütti – begleitet auf der Harfe von Praxedis Rütti, der Schwester des Komponisten. Unter der Leitung von Peter Werlen erlebte das Publikum in der Kirche St. Matthias, Steinhausen, eine musikalisch hochstehende Aufführung. Die Kombination Chor und Harfe hat es in sich: Sie ermöglicht ein luftiges Zusammenspiel zwischen zwei Klangkörpern, die sich durch ihren ganz unterschiedlichen Toncharakter nicht überdecken und fast in jeder Abstufung gegeneinander klar hörbar bleiben. Die Harfe stellt aber höhere Ansprüche an die Intonationssicherheit der Singenden, weil sie nicht ein festes gehaltenes Fundament bildet, wie beispielsweise eine Kirchenorgel oder ein Begleitorchester.

Solistische Einsätze unterstrichen die Sicherheit

Solchen Ansprüchen wurde aber der Chor Xang mit seinen knapp 30 Mitwirkenden vollumfänglich gerecht. Auch in anderen Belangen überzeugte die sorgfältige Vorbereitung durch Peter Werlen: Neben der fast selbstverständlich erscheinenden sicheren Beherrschung des generell anspruchsvollen Notentextes beeindruckten eine klare Diktion, welche über die Klippen der ungewohnten und zum Teil mit Latein vermischten mittelenglischen Sprache hinweghalf, sowie eine saubere Intonation, welche auch in extremen Lagen Bestand hatte. Der Gesamtklang wirkte in sich abgerundet, und die zahlenmässige Untervertretung des Tenors wurde meist angemessen kompensiert. Die Sicherheit aller Mitwirkenden wurde durch kürzere solistische Einsätze von acht verschiedenen Mitgliedern betont. Mehrmals wechselte die Aufstellung, manchmal klassisch mit geschlossenen Registergruppen, für die «Hymn Of The Virgin» mit solistisch besetztem Echochor auf der Empore, gegen Schluss alle in einer einzigen Reihe, welche fast den halben Kirchenraum umspannte. Einzig bei der frei durchmischten Aufstellung zu Beginn erschien der Chor nicht ganz homogen, weil sich die kräftigsten Stimmen in Bass und Sopran auf einen zu kleinen Bereich ganz links konzentrierten. Benjamin Britten schrieb seine «Ceremony of Carols» während einer Schiffsreise durch den Atlantik mitten im Zweiten Weltkrieg, nach seinen eigenen Worten aus Langeweile, aber doch wohl eher, um einen noch hängigen Kompositionsauftrag zu leisten und sich von der Angst vor den immer zu fürchtenden deutschen U-Booten abzulenken. Die Fassung für gemischten Chor (Bearbeitung Julius Harrison) gab vor allem den Forte-Stellen mehr Wucht und klangliche Abrundung gegenüber dem Original für Frauenchor. Gerne überarbeitete Carl Rütti seine Chorsätze des ersten Teils von Orgel- auf Harfenbegleitung. In dieser Kombination waren sie Uraufführung.

Abgerundeter Klang der Harfe

Carl Rütti hatte sich durch die langen England-Aufenthalte schon früh musikalisch und sprachlich inspirieren lassen, was in seinem Gesamtwerk gehörigen Niederschlag fand. Ein weiteres Mal war der Praktiker zu spüren, der seine Chorsätze so zu gestalten weiss, dass sie die Qualitäten des Chores voll zur Geltung bringen, ihn aber nie zu forcierten Einsätzen zwingen. So wirkte das Programm in sich geschlossen. Fast ununterbrochen spielte die Harfenistin Praxedis Rütti. Mit nie nachlassender Konzentration und abgerundetem Klang gestaltete sie die teilweise recht komplexen Begleitaufgaben. Mit «Unter den Linden» und «Weihnacht im Frühling» spielte sie ausserdem noch zwei Solostücke ihres Bruders. Stilistische Geschlossenheit galt auch für die Zugabe: Der lange erst am Schluss einsetzende Applaus wurde mit dem Lied «Auf ihr Hirten von dem Schlaf» erwidert, die Volksweise als konventionell gehaltener dreistimmiger Frauenchor mit eigenwilliger Begleitstimme auf der Harfe von Carl Rütti.


Luzerner Zeitung – 9. Dezember 2017
Jürg Röthlisberger