Vom Klang unserer Träume

Der Zuger Chor XANG entführte mit Perlen des A-capella-Gesangs in nächtliche Räume. Das Konzert bot mehrere Höhepunkte und eine Uraufführung.

Der Zuger Chor Xang entführte das Publikum gekonnt in die Welt der Nacht. Bild: Stefan Kaiser

Die Nacht fasziniert und ängstigt zugleich. Sie schenkt Schatten und Stille, steht aber auch für das Unbekannte, Geheimnisvolle und Bedrohliche. Am Tag stehen wir unter Kontrolle des Lichts. In der Nacht, im Schlaf jedoch, sind wir mit uns alleine. Unter der Leitung von Peter Werlen hat der Chor Xang eine solche Nacht zur Musik gemacht. Zahlreiche Besucher liessen sich am Freitag- und Samstagabend zu dieser musikalischen Reise in die Tiefen des Unbewussten und in das Unbewusste der menschlichen Seele entführen.

Raum für Nacht und Traum

«Im Traum erblüht die Seele zur Vollkommenheit, und Sinne gehen auf Reisen ins Zauberland der Fantasie.» Die vielseitige Theaterschaffende und in der Zuger Kulturlandschaft bekannte Maria Greco ergänzte und verstärkte die Gesänge durch kürzere und längere Texte. «Welch Unglück, weder recht zu wachen noch zu träumen» aus dem Buch «Die Weisheit der Brahmen» etwa oder «Licht und Dunkel», der Liedtext von Arunga Heiden, gaben der Nacht und dem Traum den Raum, sich zu entfalten. So wurde es dann in der Werkhalle der Krähenbühl AG an der Lättichstrasse 5 in Baar jeweils schaurig-schön, wenn der Chor zum eindrucksvollen wie mystischen A-cappella-Gesang anhob. Orlando di Lassos düsterer, gottesfürchtiger Text von «Timor et Tremor» über menschliche Verzweiflung mündet zum Schluss in eine Folge von Klängen, die scheinbar beziehungslos nebeneinanderstehen. Atemberaubend. Eine harmonische Dissonanz, die wunderbar zum Thema «Nacht und Traum» passte.

Sanfte Melodien verzauberten

Romantische Klänge boten die Sängerinnen und Sänger besonders eindrucksvoll bei ihrer Darbietung des Liedes «Waldesnacht» aus den «Sieben Liedern für gemischten Chor» op. 62 von Brahms. Die ruhige Harmoniefülle und die sanft geschwungene Melodie verzauberten. Wie wir nachts durch Geräusche aus dem Schlaf gerissen werden, zeigte der Chor hervorragend mit dem Beitrag des ausdrucksstarken zeitgenössischen Stückes «Stardance» des südafrikanischen Komponisten Pieter Bezuidenhout auf. Dieses beginnt mit Windgeräuschen und fernen Harmonien, die sich nach und nach zu einem energiegeladenen rhythmischen Tanz verdichten. Ein Konzert über die Nacht zu bieten, sei die Idee der Programmkommission des Chors gewesen, erklärte Peter Werlen. Er leitet den 2009 gegründeten gemischten Chor Xang seit 2016 und wirkt auch als Leiter zahlreicher anderer Chöre sowie als Stimmbildner, Chorcoach und Gastdirigent. Auf dem Markt gebe es sehr viel romantische Musik, die die Nacht zum Thema hätte, so Werlen. «Wir wollten nur bedingt romantische Stücke.» Er habe auch nach dramatischen Stücken im Programm gesucht, erklärte er. Daher habe er sich an Cyrill Schürch gewandt. Schürch ist, neben seiner Tätigkeit als Komponist und Pianist, Prorektor der Musikschule Zug mit Lehrauftrag für Klavier, Musiktheorie und Komposition. Georg Heyms Gedicht «Die Nacht» habe ihn musikalisch angesprochen. «Es passt sehr gut zum Thema.» Und da wir nicht nur immer angenehme Träume haben, gehörte die Uraufführung dieses mit grossem Bilderreichtum beschriebenen Weltuntergangs zu einem der Höhepunkte des Abends. Zum Schluss ertönte «Serenity (O magnum mysterium)» des norwegischen Komponisten Ola Gjeilo. Das stimmungsvolle Klangbild, begleitet mit warmen Cellotönen, wurde vom Chor dynamisch perfekt umgesetzt und führte die Zuhörer wieder zurück aus der Finsternis.


Zuger Zeitung – 1. Oktober 2018
Daniela Sattler