Interview mit unserem neuen Kapellmeister

Wie sind sie persönlich zu Musik gekommen?

Als ich 10 Jahre alt war, hat mein älterer Bruder mich an eine Aufführung des Oratoriums „Judas Maccabäus“ von Händel mitgenommen. Da sind bei mir alle Dämme gebrochen. Kurz darauf erhielt ich meinen ersten Orgelunterricht.

Erinnern Sie sich noch an das erste Lied, dass Sie selbst als Kind oder Jugendlicher im Chor gesungen haben?

Mein erster Einsatz als kleiner Sänger im Chor war bei der „Kindermesse“ von Paul Burkhard. Ich erinnere mich noch genau an die intensiven Gefühle, die die einzelnen Messe-Sätze bei mir auslösten.

Wann hat eigentlich ihre musikalische Laufbahn begonnen? Wie muss man sich die Ausbildung zum Chorleiter vorstellen?

Im Lehrerseminar in Sion konnte ich neben den üblichen Musikstunden Klavier, Orgel und Dirigieren belegen. Anschliessend studierte ich an der Musikakademie Luzern (heute: Musikhochschule Luzern) Schul- und Kirchenmusik mit Hauptfach Chorleitung. Seither habe ich regelmässig internationale Weiterbildungen in Chor-, aber auch Orchesterleitung besucht.

Was bedeutet Ihnen ganz persönlich das Singen?

Singen ist eine Art Alchemie, es wandelt die Wahrnehmung und verzaubert die Welt.

Mit wie vielen Chören haben sie schon zusammen gearbeitet?

In Festanstellung, also über eine längere Zeit, sind es um die 16. Als Gastdirigent kommen noch etwa 12 dazu. Beim Jahrtausendwechsel war ich Initiant und Co-Leiter eines Projekts im Wallis, bei dem 52 Chöre mit insgesamt 1500 Mitwirkenden teilnahmen und für deren Einstudierung ich verantwortlich war.

Der Chor scheint das Herz der Schule zu sein.

Was zeichnet einen guten Chor und einen guten Chorleiter aus?

Hilfreich bei einem Chor ist eine gewisse Blattlesefertigkeit, die Fähigkeit, aufeinander zu hören, weicher, leuchtender Klang, reine Intonation und Flexibilität im sich führen lassen. Ein guter Chorleiter hat eine klare Vorstellung vom jeweiligen Werk und kann diese begeisternd vermitteln. Er erkennt, was beim Chor vorhanden ist und entwickelt ihn weiter, in dem er Fehlendes mit Geschick vermittelt.

Was war für Sie der Grund, diese Chorleitung zu übernehmen? Was ist das Besondere an dem Schulchor Disentis?

Der Chor scheint das Herz der Schule zu sein. Er geniesst einen hohen Stellenwert und ist entsprechend in den Stundeplan eingebaut. In dieser Form habe ich das sonst nirgends gesehen. Die Tatsache, dass tolle, junge Menschen in aller Selbstverständlichkeit klassische, geistliche Werke auf diesem hohen Niveau singen und aufführen, ist ein Phänomen, das nicht hoch genug bewertet werden kann, mich enorm fasziniert und meine ganze Bewunderung geniesst.

Wie würden Sie den Chor als nüchterner Musikkritiker einschätzen?

Wenn ich an das vergangene Konzert (Haydn, Rütti) denke, kann ich nur Loben und Rühmen. Unter Clau Scherrer hat der Chor wunderbar musiziert und gestaltet. Das Konzert hatte Atmosphäre, Nerv und Biss.

Wie sehen sie die Zukunft vom Chor in Disentis?

Ich hoffe sehr, die vielen Qualitäten des Chores erhalten und weiterführen zu können. Wir leben in einer Zeit des grossen Wandels. Ich denke, dieser macht auch vor einem Gymnasium nicht Halt. Entsprechend gilt es auch hier, sich immer neu auszurichten und anzupassen. In welcher Art und in welcher Form wird sich zeigen. Ich bin aber überzeugt, dass wir die Antworten und Mittel zur gegebenen Zeit finden werden.

Kann man von Ihnen in musikalischer Hinsicht, zum Beispiel in der Auswahl der Lieder, Überraschungen erwarten?

Ich bin ein neugieriger Mensch und probiere gerne immer wieder neue Sachen aus. Wie und in welcher Weise sich das im klösterlichen Kontext auch auf die künftige Literatur-Auswahl ausdehnen lässt, wird sich nach und nach zeigen.