Geistliche Chormusik wurde zum packenden Erlebnis
«Aargauer Lerche» in der Stadtkirche
Die vor allem der zeitgenössischen und der geistlichen A-cappella-Musik aller Stilepochen verpflichtete «Aargauer Lerche» der Engadiner Kantorei wartete am Samstagabend unter der Leitung von Peter Werten unter dem Titel «Exsultate Deo» mit geistlicher Chormusik auf. Dabei bot die «Aargauer Lerche» vorwiegend Psalmen aus Barock und Romantik dar. Im barocken ersten Teil anfangs wohl zu verhalten und schwebend diskret im romantischen zweiten Teil voll aus sich herausgehend hymnisch strahlend. Das vor 28 Jahren gegründete Ensemble von knapp vierzig Laiensängerinnen und Laiensänger wird von Peter Werlen sorgsam und präzise geleitet auf ein homogenes Klangbild, einwandfreie Intonation und Transparenz der Mehrstimmigkeit bedacht, eher sehen auf dramatische Affekte hingeführt. In der Diktion bestanden im Zofinger Konzert auffällige Unterschiede, wobei die Psalmen von Felix Mendelssohn in der Stadtkirche am verständlichsten erklangen.
Das Programm schlug stilistisch und im Ausdruck einen weiten Bogen. Es begann frühbarock mit dem «Exsultate Deo» aus dem «Ersten Musikalischen Lustgärtlein von Johann Crüger äusserst zurückhaltend und wurde mit der «Cantate Domino canticum novum von Claudio Monteverdi nochmals gedämpft fortgeführt. erklomm dann mit drei Psalmen von Heinrich Schütz («Jauchzet dem Herren alle Welt», «Die mit Tränen säen» und «Die Himmel erzählen die Ehre Gottes») einen expressiven und technisch vortrefflich gemeisterten Höhepunkt. Herausgehoben werden muss, dass das Solo-Sextett seine Aufgabe der «Intonation» im dritten Psalm von Heinrich Schütz differenziert und durchsichtig wahrnahm. Der für zwei Chöre komponierte Psalm «Singet dem Herrn ein neues Lied» von Johann Pachelbel entführte in dramatische Höhen heller Frauenstimmen und wurde für das Publikum in der Stadtkirche einem packenden Erlebnis. «Jauchzet dem Herren alle Welt», «Richte mich Gott» und «Denn er hat seinen Engel befohlen», drei Psalmen von Felix Mendelssohn, erschlossen neue Ausdrucksfähigkeiten des Chore, der a capella untadelig intonierte, die Zwiesprache von Frauen- und Männerstimmen präzise führte und die Texte expressiv ausdeutete. Die Romantik beglückte mit strömenden, auch elegischen Melodien, harmonischem Reichtum und bewegender Lebendigkeit: sie führte das Konzert zum Kulminationspunkt.
Die drei Instrumentalisten – Andreas Schlegel (Lauten/Theorbe). Armin Bereuter (Violine/Gambe) und Christoph Kaufmann (Portativ-Orgel) - versahen in erster Linie Basso-continuo-Aufgaben. Solistisch gestaltete Andreas Schlegel «Toccata» und «Bergamasca» von Johann Hieronymus Kapsberger koloristisch und tänzerisch. Amin Bereuter brillierte dagegen mit einem Stück für Gambe solo von Heinrich Schütz – klangsatt gestrichen und makellos gezupft. Die trotz des garstigen Schneefalls zahlreich in der Stadtkirche Zofingen erschienenen Zuhörer spendeten am Schluss des fünf Viertelstunde dauernden Konzerts nachhaltigen Beifall und erhielten dafür als den Abend wundervoll abrundende Zugabe eine hingebungsreiche Komposition von Sergei Rachmaninow.
Aargauer Zeitung – 24. Januar 2000